Als ich noch in einer der größten Kinder- und Jugendpsychiatrischen Praxis in München arbeitete, bezogen sich die häufigsten fachärztlichen Anfragen auf schulbezogene Themen wie z.B. Konzentrationsprobleme oder Schulängste, und auf Entwicklungsthemen bei jüngeren Kindern.

Emotionale und soziale Schwierigkeiten nehmen zu

In meiner psychotherapeutischen Fachpraxis ist das heute nicht viel anders. Neben Entwicklungsverzögerung oder Entwicklungsstörungen, beobachte ich allerdings seit geraumer Zeit eine Zunahme an emotionalen und sozialen Schwierigkeiten im Kindesalter. Darunter fallen übermäßige Besorgnis und Furcht bei Trennung von den Eltern, Angst vor dem allein sein, Schulängste und Schulverweigerung, Verunsicherung und übermäßige Schüchternheit in neuen Situationen oder gegenüber Gleichaltrigen, Selbstwertprobleme und eine zunehmende generalisierte Überängstlichkeit.

Alleine oder auch in Kombination mit emotionalen Störungen zeigen sich auch Sozialverhaltensprobleme mit oppositionellem, aufsässigem oder auch aggressivem Verhalten und teilweise nicht zu kontrollierenden Wutausbrüchen.

Rechtzeitig etwas tun!

Die Psychotherapieforschung zeigt, dass eine rechtzeitig kindertherapeutische Behandlung, meist von nur wenigen Sitzungen, eine deutliche Verbesserung der emotionalen und sozialen Problematik erzielen kann und sowohl einer Ausweitung der Symptomatik entgegenwirkt als auch einer späteren psychiatrisch zu behandelnden psychischen Erkrankung im Erwachsenenalter.

Nicht selten hört man: „ach, das ist nur eine Phase, das wächst sich bestimmt wieder raus.“ Eine solche Grundhaltung beruhigt zwar das familiäre System und kann durchaus auch zu Beginn symptomreduzierende Wirkung haben, weil dem Problem weniger Aufmerksamkeit gegeben wird. Gleichzeitig wirkt sich jedoch ein längeres Abwarten nicht förderlich aus, sowohl auf die innerpsychische Entwicklung des Kindes, als auch auf die Eltern-Kind-Interaktion sowie auf die gesamte Familiendynamik.

Es empfiehlt sich also, emotionale und soziale Auffälligkeiten eines Kindes rechtzeitig bei einem Kinderpsychiater oder Kinderpsychologen abklären zu lassen.

Passend zum Blogbeitrag: „Bayerns unglückliche Kinder“ (Süddeutsche Zeitung, 8. Juni 2016)