„Der Kinderpsychologe“

Manchmal werde ich so begrüßt: „Ach, da kommt der Herr Kinderpsychologe.“ Und schon oft habe ich mir gedacht, ja das stimmt irgendwie und irgendwie auch nicht. Denn der Beruf des Kinderpsychologen gibt es eigentlich nur im Volksmund. Auch den Fachpsychologen für Kinder und Jugendliche gibt es streng genommen so nicht. Viele Eltern suchen zwar einen Kinderpsychologen, wenn es ihren Kindern nicht gut geht, sie vielleicht Ängste entwickelt haben z.B. in der Schule, oder sich schwer konzentrieren können. Eigentlich meinen aber die vielen Eltern, Lehrer, Schulpsychologen und sozialen Einrichtungen, die mich um Rat fragen einen Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten.

Die Berufsgruppe der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind eine eigene Berufsgruppe und sie sind eine Art Facharzt für die speziellen Bedürfnisse und Probleme von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern. Man kann sich leicht vorstellen, dass ein Erwachsener ganz andere Wünsche, Vorstellungen, Fragen und Schwierigkeiten hat als ein Kind, und wieder ganz andere als ein Jugendlicher. Auch familienbezogenen Themen sind wieder ganz anders zu lösen als jene eines Einzelnen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die meisten spezialisierten Kinderpsychologen bzw. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eine breite Grundausbildung haben, die das Feld der Pädagogik, Soziologie, Systemtheorie und Entwicklungspsychologie umfasst, genauso wie die klinische Psychologie und die klassische Sozialpädagogik. Damit lässt sich vielleicht auch besser nachvollziehen, warum an den Praxisschildern der meisten Kindertherapeuten häufig nicht ein „Dipl. Psychologe“ steht, sondern z.B. Pädagoge, Sozialpädagoge oder Sonderpädagoge. Es macht eben einen entscheidenden Unterschied, womit sich ein Kinderpsychologe in seiner praktischen und theoretischen Lehrzeit beschäftigt hat.

Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten sind spezialisierte Generalisten

Es ist offensichtlich, dass der Spezialist für psychosoziale Belange von jungen Menschen und deren Familien eigentlich ein Generalist sein sollte und weniger ein Experte für die Klassifizierung psychischer Störungen, für Testpsychologie und Medikation. Selbstverständlich sollte dies ein Kinderpsychologe alles wissen, aber dieses Wissen ist bei der Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Familien meist nicht die entscheidende Zutat.

„Ein Kinderpsychologe ist meist ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut“

Die richtige Auswahl des Kinderpsychologen

Bei der Auswahl eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten empfiehlt es sich daher immer auf mehrere Dinge zu achten: Neben dem persönlichen Eindruck und der Arztnummer, die einem versichert, dass es sich auch um einen staatlich approbierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten handelt, empfiehlt es sich, den fachlichen Hintergrund des Kindertherapeuten genauer anzusehen. Hierbei ist besonders die praktische (Vor-) Erfahrung in sozialen, pädagogischen, psychiatrischen sowie kinder-und jugendtherapeutischen Arbeitsfeldern ausschlaggebend, einschließlich einer möglichst breit angelegten Grundausbildung.

Die Ausbildung des Kinderpsychologen

Die nach der Grundausbildung (Studium, Beruf) in staatlich anerkannten Ausbildungsinstituten stattfindende Psychotherapieausbildung ist relativ vergleichbar. Hier erkennt der Laie wohl kaum einen Unterschied. Ein Unterschied existiert nur in der fachlichen Ausrichtung, also ob sich ein Kinderpsychologe z.B. in Verhaltenstherapie oder in tiefenpsychologischen Verfahren spezialisiert hat.

Vollausbildung vs. Zusatzausbildung von Kindertherapeuten

Entscheidend kann es auch sein, ob ein Kindertherapeut eine sogenannte „Vollausbildung“ absolviert hat. Das bedeutet, dass sich der angehende Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut bereits von Beginn an seiner Therapieausbildung mit den speziellen Themen und psycho-sozialen Problembereichen von Kindern, Jugendlichen und deren Bezugspersonen beschäftigt, und nicht erst am Ende seiner Ausbildung, nachdem er z.B. seine Psychotherapieausbildung für Erwachsene absolvierte.

Man kann sich also gut vorstellen, dass es gerade zu Beginn beruflicher Karrieren von Kindertherapeuten entscheidende Erfahrung- Unterschiede geben wird. Während sich die einen meist über 5 Jahre explizit mit den besonderen Kontexten, Belangen und psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen intensiv in ihrer Ausbildung und in ihren Praktika auseinandersetzen, haben sich die anderen zunächst intensiv mit der Behandlung von Erwachsenen beschäftigt und sich in einem zweiten Schritt, in einem verkürzten Aufbaustudium in den Bereich der Kinder- und Jugendtherapie eingearbeitet.