Wenn der Kinderpsychologe „nix“ bringt

Ich glaube es war Anfang letzter Woche. Ein Jugendlicher um die 14 Jahre, der seit etwa einem Jahr regelmäßig zur Therapiestunde kommt, kam auch diesmal gut gelaunt, in üblicher jugendlicher Manier mich mit Handschlag begrüßend.

Wollen wir wieder eine Runde gehen?
Ja klar!“ sagte ich. Wir gingen also wieder unsere übliche Runde durch den Olympiapark und sprachen in kumpelhafter Manier über die Geschehnisse der letzten Woche, über sein Fortkommen und seine bisher erreichten Therapieziele.

Plötzlich blieb er stehen und sagte mit lautem Gelächter:
Ich weiß nicht, ob Du meine Oma kennst? Aber meine Oma ist manchmal etwas verplant. Weißt Du, was sie neulich zu meinen Eltern gesagt hat?
Natürlich wusste ich es nicht, woher sollte ich es auch wissen. Also frage ich in meiner therapeutischen Naivität, ob sie denn auch schon die tollen Veränderung in seinem Verhalten mit Lehrern und Gleichaltrigen und in seinem funktionaleren Umgang mit schulischen Angelegenheiten
 bemerkt habe.

Jetzt bog er sich vor Lachen.
Nein nein! Du musst dir vorstellen, meine Oma hat doch glatt meine Eltern danach gefragt, was der Kinderpsychologe überhaupt bringen solle. Denn ihr sei aufgefallen, dass ich ja immer noch nicht meinen Teller in die Spülmaschine räume und auch nicht ohne Widerworte mit dem Hund Gassi gehe
. Damit sei doch sonnenklar, dass der Kinder- und Jugendtherapeut für die Katz sei und nun gar nix bringe.“

Mehr als ein bescheidenes Anstandslächeln, kam nicht über meine Lippen. Mit verdutzenden Blick fragte ich ihn ungläubig:
Das hat sie wirklich gesagt?
Ja!“ Er lachte wieder herzhaft.

Aber, mach dir echt mal keine Sorgen Doc!
Ich sage ja, meine Oma ist echt noch verpeilter als ich. Als wäre mein Psychologe und Berater dafür da, dass ich meinen Teller in die Spülmaschine stelle. Echt totaler Quatsch! Also Ich weiß ja sehr genau, was mir die Therapie hier gebracht hat und meine Eltern wissen es auch. Ich fands immer richtig cool und hilfreich. Jetzt kenn ich mich wenigstens mal mit mir selbst bissl besser aus und komm endlich mit meinem Leben besser klar.“

„Na, dann bin ich ja echt beruhigt!“
 sagte ich schmunzelnd und ein wenig erleichtert und wir setzten unseren Spaziergang fort…